Fahrt zum Hambacher Schloss

Fahrt zum Hambacher Schloss

„Die Grammatik der (Medien-)Skandale – wer treibt die Empörungsspirale?“

 

Hinauf zum Hambacher Schloss! Mittlerweile kennen wir den Weg zu dieser altehrwürdigen Stätte, in der 1832 mit dem Hambacher Fest deutsche Geschichte geschrieben wurde. Passend zu den Ereignissen damals nennt sich die Veranstaltung „Demokratie Forum“ – wir AEGEE’ler aus Mannheim sind zum vierten Mal mit dabei.

Unter der Fragestellung, wer die Empörungsspirale während der zurückliegenden und aktuellen (Medien-)Skandale treibe, versammelten sich am 10. April 2013 illustre Gäste; darunter Gregory Gysi und BILD-Reporter Nikolaus Harbusch, der entscheidend an der Wulff-Affäre beteiligt war. Das Thema Wulff dominierte auch die gut zweistündige Diskussion, die anschließend wieder einmal durch eine Probe regionaler Weine abgerundet wurde. Entscheidende Erkenntnisse und offen gebliebene Fragen des Steitgesprächs möchte ich nachfolgend kurz skizzieren.

 

Drei große Bereiche überwölbten den Abend:

  1. die Verantwortung des Journalismus
  2. die richtige Strategie in Skandale geratener Prominenter sowie
  3. die Folgen der (Medien-)Skandale für die Gesellschaft.

 

Zu (a):

BILD-Reporter Nikolaus Harbusch argumentierte, dass er „nur seinen Job gemacht“ habe und deshalb keinerlei Mitleid geboten sei. Andere Teilnehmer widersprachen dieser Ansicht und wiesen daraufhin, dass sich die Wulff-Affäre zu einer regelrechten – möglicherweise zielgerichteten – Hetzjagd entwickelt habe. Es könne jedoch nicht das Ziel von Journalismus sein, reale Veränderungen zu bewirken. Das müsse in den Köpfen geschehen. Gysi betonte, dass für Rechtsfälle die Gerichte zuständig seien und nicht die Devise „Ich bin Journalist, ich weiß es besser!“ gelten dürfe. Werde dieser Gedanke zu Ende verfolgt, dass könnte auch die Pressefreiheit nicht also absoluter Wert gelten. Natürlich bräuchten wir auch in diesem Bereich Verbote und Stragen. Wie Bereiche endeten, in denen keine Regulierung anzutreffen sei, wäre von der Finanzmärkten bekannt. Andere widersprachen dieser Ansicht. Sollen Medien also als politische Akteure auftreten, Politikerskandale ankurbeln und Rücktritte von Politikern erzwingen?

 

Zu (b):

Alle Diskutanten waren sich einig, dass Menschen nicht durch Medienskandale „kaputt gemacht“ werden sollten. Wie dies jedoch aus Sicht der Betroffenen erreicht werden könne, darum entwickelte sich ein heftiger Streit, bei dem die Frontlinien klar verlaufen. Plädierten manche für das klassische „mea culpa“, also der uneingeschränkte Gang an die Öffentlichkeit, so sahen andere strategische spieltheoretische Überlegungen, die gezielt Wissen zurückhalten, geboten. Bei den Zuhörern verblieb der Eindruck, dass jede Situation unterschiedlich zu bewerten sei und allgemeine Lösungen nicht zum Ziel führten.

 

Zu (c):

„Die Gesellschaft kann sich immer weniger darauf einigen, was sie positiv haben möchte. Im Skandal zeigt sich, was wir nicht haben wollen.“ – Dies war eine der Thesen, die im letzten Drittel des Abends vorgebracht wurden. Es zeige sich eine offensichtliche Asymmetrie zwischen Skandal und Debatte. Und würden die Skandalgeschichten nicht dazu führen, dass wir am Ende noch sterilere Politiker bekommen? Die Causa Steinbrück sei dafür ein aktuelles Beispiel.

 

Und wer treibt nun den Skandal? Sind es die Medien? Die Öffentlichkeit? Oder die Politiker untereinander, die sich immer wieder gegenseitig angriffen? Der Abend brachte dazu keine eindeutige Antwort. Wahrscheinlich gibt es die auch gar nicht.

 

Text: Mac van Bahlen